Im Hinblick auf die angekündigte Rückrufaktion seitens der VW-Gruppe werden im Folgenden die wesentlichen rechtlichen Erwägungen aus Käufersicht dargestellt.
- Sachmängelgewährleistung des Verkäufers
Dem Käufer stehen gegenüber seinem Vertragspartner (dem Verkäufer, nicht gegenüber der VW-Gruppe selbst) Sachmängelgewährleistungsrechte zu.
a) Nacherfüllung
Der Käufer kann vom Verkäufer zunächst Nacherfüllung verlangen.
Dazu bedarf es einer Aufforderung seitens des Käufers an seinen
Vertragspartner, die Mängelbeseitigung umgehend (Nachfrist in der Regel
14 Tage) vorzunehmen. Diese Aufforderung muss innerhalb der Verjährungsfrist von zwei Jahren (§ 439 Abs. 1 Nr. 3 BGB) erfolgen. Die Verjährung des Anspruchs auf Nacherfüllung wird im Übrigen durch Verhandlungen, d.h. einem ernsthaften Meinungsaustausch über den Anspruch und seine Grundlagen, gehemmt, sofern der Verkäufer die Leistung nicht sofort und erkennbar ablehnt (BGH v. 07.11.2011 - IX ZR 100/08).
b) Minderung und Rücktritt
Verweigert sich der Verkäufer der Nachbesserung oder treten infolge der vorgenommenen Nacherfüllung weitere Verschlechterungen (z.B. Leistungsverlust oder Kraftstoffmehrverbrauch) auf, bestünde immer noch ein Mangel. Der Verkäufer schuldet weiterhin den vertraglich vereinbarten Sollzustand. Spätestens nach einer zweiten erfolglosen Nachbesserung ist der Käufer zur Minderung des Kaufpreises oder - im Falle überlanger Reparaturdauer oder gravierender Verschlechterungen, etwa bei einem Kraftstoffmehrverbrauch von 10 % (BGH v. 08.07.2015 - VIII ZR 19/05) - zum Rücktritt berechtigt. Diese weitergehenden Mängelgewährleistungsrechte des Käufers unterliegen ihrerseits wiederum der Regelverjährung von drei Jahren (§ 195 BGB; die obigen Ausführungen zur Hemmung durch Verhandlungen gelten entsprechend).
Stellt ein Gericht hingegen fest, dass der Sachmangel den
Rücktritt nicht rechtfertigt, ist der Käufer weiterhin berechtigt, die
Minderung des Kaufpreises zu verlangen. In diesem Fall ist die
Verjährung des Anspruchs auf Minderung durch die Geltendmachung des
Anspruchs auf Rücktritt vom Kaufvertrag gehemmt (BGH v. 29.04.2015 - VIII ZR 180/14).
II. Erwägungen zur Rückrufaktion
a) Kostentragungspflicht
Grundsätzlich besteht keine Kostentragungspflicht der VW-Gruppe für die angekündigten Servicemaßnahmen. In der Regel werden die Kosten - allein aus Gründen der Reputation - allerdings vom Hersteller übernommen. Im Falle der Mängelgewährleistung des Verkäufers fallen dem Käufer ohnehin keine zusätzlichen Kosten an. Bei Fahrzeugen außerhalb der Mängelgewährleistungsfrist käme allenfalls ein Anspruch gegen die Hersteller in Höhe der Beseitigungskosten nach §
826 BGB in Betracht. Aufgrund der voraussichtlichen freiwilligen
Kostentragung durch VW hat die Leistungserbringung in den Vertragswerkstätten von VW zu erfolgen; eine etwaige Auszahlung der Reparaturkosten ist mangels Rechtsanspruch hingegen nicht möglich.
b) Keine Sachmängelgewährleistungsrechte gegenüber VW
Die angekündigten Servicemaßnahmen der
VW-Gruppe begründen aller Voraussicht nach - mangels Werkvertrag in
Folge der unentgeltlichen Leistungserbringung - ihrerseits keine weiteren Sachmängelgewährleistungsrechte des Käufers. Bringen die Servicemaßnahmen nicht den gewünschten Erfolg, hat sich der Käufer weiterhin gegenüber dem Verkäufer schadlos zu halten - Aufforderung zur Nacherfüllung, Minderung, Rücktritt (vgl. oben).
c) Weitere Ansprüche während der Rückrufaktion
Ein Anspruch auf Erstattung von Fahrkosten und eines etwaigen Verdienstausfalles können ferner nur gegenüber VW in den engen Grenzen des § 826 BGB geltend gemacht werden. Ein dahingehender vertraglicher Schadensersatzanspruch gegen den Verkäufer
oder ein Recht auf einen Leihwagen ist mangels Verschulden abzulehnen.
Ein Rechtsanspruch auf einen Leihwagen gegen die VW-Gruppe ergibt sich
ebenfalls nicht aus der Herstellergarantie, umfasst diese gerade nicht
einen Mobilitätsanspruch.
III. Leasing
Viele betroffene Fahrzeuge sind nicht gekauft sondern
geleast. Leasingnehmer haben aufgrund der besonderen Vertragsart bei den
nächsten Schritten einige Besonderheiten zu beachten.
Grundsätzlich haben Leasingnehmer dieselben Rechte wie Eigentümer.
Sie können sich auf die kaufrechtlichen Sachmängelgewährleistungrechte
(s.o.) gegenüber dem Händler als Lieferanten berufen, sofern diese vom
Leasinggeber abgetreten wurden. Scheitert die Nacherfüllung, kann vom
Kaufvertrag zurückgetreten und damit auch der Leasingvertrag
rückabgewickelt werden.
Eine Kündigung des Leasingvertrages selbst ist nur aus wichtigem Grund möglich. Dieser liegt vor, wenn die Vertragsdurchführung erheblich gefährdet wird. Eine Manipulationssoftware im Leasingfahrzeug gefährdet die Vertragsdurchführung nicht.
Auch eine eigenmächtige Minderung der Raten des laufenden Vertrages ist dem Leasingnehmer nicht anzuraten. Da der Leasingvertrag ein modifizierter Mietvertrag ist, ist das mietrechtliche Mängelrecht der Ratenminderung nicht gegeben - es besteht die Gefahr des Zahlungsverzugs.
Wird das Fahrzeug am Ende der Laufzeit zurückgegeben, stellt
sich die Frage, wer einen möglichen Wertverlust zu tragen hat. Zu
unterscheiden ist aber zwischen dem Restwert- und dem Kilometerleasing.
Beim Restwertleasing trägt der Leasingnehmer den Wertverlust. Beim
Kilometerleasing hingegen trifft dieses Risiko den Leasinggeber.