Noch immer beschäftigt der Brexit die EU und Großbritannien. Allerdings war die Diskussion bei den Briten zwischendurch nicht von inhaltlicher Natur, sondern auf Personalien beschränkt. Dabei rückt das Datum des Brexits am 31. Oktober 2019 immer näher. Somit wird im Folgenden ein Überblick über die wesentlichen Ereignisse der vergangenen drei Monate gegeben.
Die Verhandlungen zwischen dem Labourchef Corbyn und der Premierministerin May sind zu keinem Ergebnis gekommen: Corbyn begründete dies Mitte Mai damit, dass die Vorstellungen der beiden Parteien zu sehr auseinander fallen würden. Das Scheitern der Gespräche, die May als letzten Weg sah, um einen Mehrheit für ihren Deal mit der EU im Unterhaus zu bekommen, brachte sie nun in eine schwierige Position, da sie nun ohne eine Alternative dastand, was zu einem endgültigen Stillstand der inhaltlichen Diskussionen führte. Somit stieg weiterhin der Druck auf sie bis zum endgültigen Ausstiegsdatum am 31. Oktober einen Deal mit der EU zu finden oder aber ohne Abkommen aus der EU auszuscheiden.
Dieses Scheitern hatte dann auch persönliche Folgen für May: Nachdem sie nochmals einen Vorstoß mit einem neuen Brexitplan gewagt hatte, welcher sowohl Labour wie auch Tory vereinigen sollte, der allerdings auf erhebliche Skepsis gestoßen ist, erklärte sie am 24. Mai noch vor der Europawahl ihren Rücktritt als Parteichefin und auch als Premierministerin. Dieser Rücktritt ist eine Folge des Drucks aus der eigenen Partei, der sich Anfang Mai nochmals verstärkt hat, das mehrfache Scheitern ihres Brexit-Deals im Unterhaus sowie auch ihrer eigenen Ankündigung, nach Durchsetzen eines Deals ihre Ämter zu räumen. Den Parteivorsitz gab sie am 7. Juni ab, das Amt der Premierministerin am 24. Juli.
Als Nachfolger für May`s Ämter wurde am 23. Juli Boris Johnsongewählt, der sich in verschiedenen parteiinternen Wahlen der Tories im Juni und Juli gegenüber allen anderen potenziellen Kandidaten seiner Partei durchsetzen konnte. In der letzten Stichwahl konnte er knapp 2/3 der Stimmen hinter sich vereinigen. Allerdings schlägt diese Personalie hohe Wellen, sowohl in Großbritannien als auch in der EU, da Johnson sehr polarisiert. So hatten bereits einige Minister des britischen Kabinetts im Voraus ihren Rücktritt angekündigt, sollte Johnson gewählt werden. Dieser ist seit dem Brexit Referendum als ein großer EU-Kritiker bekannt, der schon damals aktiv Wahlwerbung für den Brexit machte und auch während der Amtszeit von Theresa May ein großer Kritiker ihrer Brexit-Taktik war. Sollte es zu keiner Einigung mit der EU kommen, würde er auch einen 'No-Deal Brexit' am 31. Oktober in Kauf nehmen. Dennoch kündigte er an, in der verbleibenden Zeit einen neuen Deal mit der EU aushandeln zu wollen; besonders der verhandelte Punkt um den 'Backstop', der den Frieden an der irischen Grenze sichern sollte, wird von Johnson kritisch gesehen, da aus seiner Sicht die Gefahr besteht, dass Großbritannien durch diesen dauerhaft an die EU gebunden sein wird.
Allerdings ist es eher unwahrscheinlich, dass sich die EU -wie von Johnson gefordert- nochmals an den Verhandlungstisch setzen wird. Bereits mehrfach hatte diese unterstrichen, dass es keine Neu- oder Nachverhandlung über einen Brexitdeal geben würde. Einzig die Zustimmung der Briten zum Deal, den Theresa May ausgehandelt hatte, würde einen 'No-Deal Brexit' verhindern. Da dies auch Johnson bekannt ist, lenkt er die Arbeit seines Kabinetts vermehrt darauf, einen 'No-Deal Brexit' und die Zeit danach vorzubereiten und die Folgen von diesem abzufedern.
Nur eine Partei stach bei den Wahlen heraus: Die Brexit Party"angeführt vom europakritischen Nigel Farage. Mit über 30% holte er mit der für den Wahlkampf gegründeten Partei die Mehrheit der Stimmen und stellt nun demnach die Mehrheit der britischen Abgeordneten im derzeitigen Europaparlament.
by Andreas von Bernstorff
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