Was man beim „Verpfeifen“ von Betriebsinterna beachten sollte
Wenn es um das Ausplaudern von betriebsinternen Informationen geht, steckt der Arbeitnehmer oft in einer Zwickmühle. Ob Informationen nach außen an die Allgemeinheit herangetragen werden, oder lieber aus Furcht vor Konsequenzen verschwiegen werden sollen; eine Antwort auf diese Frage fällt nicht leicht. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nahm sich dieser Problematik an und hebt im Gegensatz zu den Vorinstanzen dabei den Stellenwert der Meinungsfreiheit auch innerhalb des Arbeitsverhältnisses hervor.
Das Ausplaudern von betrieblichen Missständen kann für den Arbeitnehmer zu gravierenden Konsequenzen führen.
Gemeint ist das sogenannte Whistleblowing (aus dem Englischen: verpfeifen, ausplaudern), bei dem betriebliche Krisen, Skandale oder Rechtsverstöße der Kollegen bzw. des Arbeitgebers aufgedeckt und gemeldet werden. Der Arbeitnehmer wendet sich als Informant entweder an interne Stellen (Betriebsrat, Compliance- Beauftragten, Arbeitgeber) oder an Dritte außerhalb des Unternehmens (z.B. Aufsichtsbehörden, Presse, oder Gewerkschaften).
Der Kampf einer Arbeitnehmerin um gesellschaftliches Gehör und Arbeitsplatz
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) befasste sich in einer jüngeren Entscheidung aus dem Jahre 2011 mit dem externen Whistleblowing einer deutschen Arbeitnehmerin. Der Gerichtshof bekräftigte in seinem Urteil den Standpunkt der Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 10 Abs. 1 EMRK) innerhalb des Arbeitsverhältnisses.
Der Sachverhalt der Entscheidung
Der Arbeitgeber, ein Berliner Pflegeheim der öffentlichen Hand, kündigte der Pflegerin fristlos, nachdem sie versucht hatte, auf die aus ihrer Sicht unzulänglichen Umstände in dem Heim hinzuweisen. Aus Sicht der Arbeitnehmerin litt das Pflegeheim an akutem Personalmangel, welcher sich negativ auf die Qualität der Heimpflege auswirkte. Die Pflegerin blieb durch krankheitsbedingten Arbeitsausfall immer öfter ihrer Tätigkeit in dem Pflegeheim fern, nach einem ärztlichen Attest war sie sogar aufgrund von betrieblicher Überlastung zeitweise arbeitsunfähig. Nachdem die Pflegerin zuvor ihren Arbeitgeber vergeblich auf diese Umstände hingewiesen hatte, wandte sich die Arbeitnehmerin zunächst an ihren Anwalt. Sie erstattete durch diesen Strafanzeige gegen ihren Arbeitgeber wegen Betruges in besonders schwerem Fall. Jedoch blieb die Anzeige ohne Erfolg, das Verfahren der Staatsanwaltschaft wurde eingestellt. Durch die hohe Auslastung und Anstrengung erkrankte die Pflegerin wiederholt für längere Zeit. Schließlich kündigte das Pflegeheim das Arbeitsverhältnis aus krankheitsbedingten Gründen.
Der Klageweg der Arbeitnehmerin
Die Pflegerin setzte sich jedoch gegen die Kündigung zur Wehr: Sie erhob Klage beim Arbeitsgericht gegen die Kündigung und die Gewerkschaft wurde eingeschaltet, welche Flugblätter verteilte, um über die schlechte Pflege und Arbeitssituation in dem Pflegeheim zu informieren. Das Flugblatt beinhaltete Informationen zur Strafanzeige der Pflegerin gegen ihren Arbeitgeber und wurde auch in ihrem Pflegeheim verteilt. Der Arbeitgeber erlangte erstmalig durch die Flugblätter Kenntnis von der Strafanzeige gegen ihn. Als Konsequenz folgte die fristlose Kündigung der Pflegerin bzw. zu einem späteren Zeitpunkt die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung.
Das Urteil des Berliner Arbeitsgerichts hob die fristlose Kündigung auf, da nach dessen Ansicht das Arbeitsverhältnis nicht wirksam beendet wurde. Der erstinstanzliche Erfolg hielt im Berufungsverfahren jedoch nicht an, denn das Landesarbeitsgericht sah in der Strafanzeige gegen den Arbeitgeber einen wichtigen Grund für die fristlose Kündigung und hob das Urteil des Berliner Arbeitsgerichts auf. Im weiteren Verlauf verwarf das Bundesarbeitsgericht die Nichtzulassungsbeschwerde. Eine Verfassungsbeschwerde hiergegen wurde von dem Bundesverfassungsgericht nicht angenommen. Es verblieb der Pflegerin zuletzt der Weg nach Straßburg, als einzig verbleibendes Rechtsmittel.
Der EGMR und die freie Meinungsäußerung im Arbeitsverhältnis
Der EGMR erkannte schließlich einen Eingriff in die Meinungsäußerungsfreiheit der Arbeitnehmerin durch die Kündigung und Entscheidungen der deutschen Rechtsprechung an. Insbesondere stellte das Gericht fest, dass es Aufgabe des Staates sei die freie Meinungsäußerung auch in der privatrechtlichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu schützen. Der Eingriff in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit durch die Kündigung „aus wichtigem Grund“ (§ 626 Abs. 1 BGB), könne nicht ohne weiteres darauf gestützt werden, dass ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber anzeigt.
Gemeint ist das sogenannte Whistleblowing (aus dem Englischen: verpfeifen, ausplaudern), bei dem betriebliche Krisen, Skandale oder Rechtsverstöße der Kollegen bzw. des Arbeitgebers aufgedeckt und gemeldet werden. Der Arbeitnehmer wendet sich als Informant entweder an interne Stellen (Betriebsrat, Compliance- Beauftragten, Arbeitgeber) oder an Dritte außerhalb des Unternehmens (z.B. Aufsichtsbehörden, Presse, oder Gewerkschaften).
Der Kampf einer Arbeitnehmerin um gesellschaftliches Gehör und Arbeitsplatz
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) befasste sich in einer jüngeren Entscheidung aus dem Jahre 2011 mit dem externen Whistleblowing einer deutschen Arbeitnehmerin. Der Gerichtshof bekräftigte in seinem Urteil den Standpunkt der Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 10 Abs. 1 EMRK) innerhalb des Arbeitsverhältnisses.
Der Sachverhalt der Entscheidung
Der Arbeitgeber, ein Berliner Pflegeheim der öffentlichen Hand, kündigte der Pflegerin fristlos, nachdem sie versucht hatte, auf die aus ihrer Sicht unzulänglichen Umstände in dem Heim hinzuweisen. Aus Sicht der Arbeitnehmerin litt das Pflegeheim an akutem Personalmangel, welcher sich negativ auf die Qualität der Heimpflege auswirkte. Die Pflegerin blieb durch krankheitsbedingten Arbeitsausfall immer öfter ihrer Tätigkeit in dem Pflegeheim fern, nach einem ärztlichen Attest war sie sogar aufgrund von betrieblicher Überlastung zeitweise arbeitsunfähig. Nachdem die Pflegerin zuvor ihren Arbeitgeber vergeblich auf diese Umstände hingewiesen hatte, wandte sich die Arbeitnehmerin zunächst an ihren Anwalt. Sie erstattete durch diesen Strafanzeige gegen ihren Arbeitgeber wegen Betruges in besonders schwerem Fall. Jedoch blieb die Anzeige ohne Erfolg, das Verfahren der Staatsanwaltschaft wurde eingestellt. Durch die hohe Auslastung und Anstrengung erkrankte die Pflegerin wiederholt für längere Zeit. Schließlich kündigte das Pflegeheim das Arbeitsverhältnis aus krankheitsbedingten Gründen.
Der Klageweg der Arbeitnehmerin
Die Pflegerin setzte sich jedoch gegen die Kündigung zur Wehr: Sie erhob Klage beim Arbeitsgericht gegen die Kündigung und die Gewerkschaft wurde eingeschaltet, welche Flugblätter verteilte, um über die schlechte Pflege und Arbeitssituation in dem Pflegeheim zu informieren. Das Flugblatt beinhaltete Informationen zur Strafanzeige der Pflegerin gegen ihren Arbeitgeber und wurde auch in ihrem Pflegeheim verteilt. Der Arbeitgeber erlangte erstmalig durch die Flugblätter Kenntnis von der Strafanzeige gegen ihn. Als Konsequenz folgte die fristlose Kündigung der Pflegerin bzw. zu einem späteren Zeitpunkt die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung.
Das Urteil des Berliner Arbeitsgerichts hob die fristlose Kündigung auf, da nach dessen Ansicht das Arbeitsverhältnis nicht wirksam beendet wurde. Der erstinstanzliche Erfolg hielt im Berufungsverfahren jedoch nicht an, denn das Landesarbeitsgericht sah in der Strafanzeige gegen den Arbeitgeber einen wichtigen Grund für die fristlose Kündigung und hob das Urteil des Berliner Arbeitsgerichts auf. Im weiteren Verlauf verwarf das Bundesarbeitsgericht die Nichtzulassungsbeschwerde. Eine Verfassungsbeschwerde hiergegen wurde von dem Bundesverfassungsgericht nicht angenommen. Es verblieb der Pflegerin zuletzt der Weg nach Straßburg, als einzig verbleibendes Rechtsmittel.
Der EGMR und die freie Meinungsäußerung im Arbeitsverhältnis
Der EGMR erkannte schließlich einen Eingriff in die Meinungsäußerungsfreiheit der Arbeitnehmerin durch die Kündigung und Entscheidungen der deutschen Rechtsprechung an. Insbesondere stellte das Gericht fest, dass es Aufgabe des Staates sei die freie Meinungsäußerung auch in der privatrechtlichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu schützen. Der Eingriff in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit durch die Kündigung „aus wichtigem Grund“ (§ 626 Abs. 1 BGB), könne nicht ohne weiteres darauf gestützt werden, dass ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber anzeigt.
Kriterienkatalog des EGMR zum externen Whistleblowing
Der EGMR stellte klar, dass die Meinungsfreiheit nicht aus Furcht vor Repressalien des Arbeitgebers eingeschränkt werden darf. Jedoch sind dabei die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis zu berücksichtigen, die der Arbeitnehmer nicht einfach umgehen kann. Aus dem Arbeitsverhältnis ergeben sich für die Parteien wesentliche Treuepflichten, wie z.B. die Pflicht des Arbeitnehmers sich gegenüber seinem Arbeitgeber loyal zu verhalten.
Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer die Pflicht hat, einen vermeintlichen Missstand zunächst dem Arbeitgeber zu melden, damit dieser betriebliche Störungen beseitigen kann. Sollte eine interne Meldung der Lage unmöglich sein, oder wie hier der mehrmalige Hinweis auf Missstände keine Abhilfe bringen, so kann sich der Arbeitnehmer als „Ultima Ratio“ an externe Dritte wenden. Der EGMR hat hierbei allerdings folgende Voraussetzungen für die Interessenabwägung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber festgelegt:
Zunächst muss die Information über die interne Lage des Unternehmens überhaupt vom öffentlichen Interesse gedeckt sein. Darüber hinaus dürfen nur genaue, zuverlässige Informationen an die Öffentlichkeit weitergeben werden, soweit es dem Informanten zumutbar ist seine Aussage zu prüfen. Die Rechte und Interessen des Arbeitgebers sind ebenfalls zu berücksichtigen, insbesondere der mögliche Eintritt eines Schadens auf Seiten des Arbeitgebers durch die Offenlegung der Informationen. Das öffentliche Interesse muss dabei den Schutz und Interesse des Unternehmens überwiegen. Der Offenlegung von Betriebsinterna dürfen außerdem keine Beweggründe, wie Verärgerung oder Feindschaft zu Grunde liegen. Schließlich ist zu prüfen, ob die zivilrechtlichen Sanktionen ein berechtigtes Ziel verfolgen und verhältnismäßig sind. Denn die Kündigung als „Ultima Ratio“ des Arbeitsrechts sollte angemessen sein.
Anwendung der Kriterien im Fall Heinisch v. Germany
In seiner Entscheidung hat der EGMR ein öffentliches Interesse an Informationen über den Missstand innerhalb des Pflegeheims angenommen. Die Arbeitnehmerin versuchte durch die Anzeige gegen ihren Arbeitgeber die interne Situation für die pflegebedürftigen Personen und des gesamten Personals zu verbessern. Die Erfolglosigkeit ihrer Bemühungen, mit dem Arbeitgeber zusammen eine interne Lösung zu finden, eröffnete ihr den Weg, bei der Staatsanwaltschaft Hilfe zu suchen. Die Information ist zudem nach Auffassung des Gerichts auch im guten Glauben weitergegeben worden. Die Pflegerin wollte demnach die Heimbewohner vor einer weiteren Verschlechterung der Pflegesituation bewahren und befürchtete selbst ins Visier der Strafverfolgung zu geraten, wenn sie die Strafanzeige unterlässt. Der gute Ruf des Arbeitgebers müsse daher gegen dieses Interesse des Arbeitnehmers abgewogen werden. Vorliegend stellte der EGMR fest, dass das gesellschaftliche Interesse an einer funktionierenden Pflege höher zu bewerten ist als das wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers. Deshalb war auch die Kündigung kein legitimes Mittel, um auf das Verhalten der Arbeitnehmerin einzuwirken. Anderenfalls könne aus Sicht des EGMR die Angst vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen die Whistleblower mit potenziell berechtigten Anliegen mundtot machen. Skandale und Missstände würden demnach gar nicht oder erst sehr spät an die Öffentlichkeit gelangen, sodass letztendlich die freie Meinungsäußerung eingeschränkt würde. Der EGMR sprach sich somit zugunsten der Pflegerin gegen eine Kündigung aus. „Die fristlose Kündigung war unverhältnismäßig hart und nicht in einer demokratischen Gesellschaft notwendig. Sie hat deswegen Art. 10 EMRK verletzt.“
III. Die Kriterien des EGMR in der deutschen Rechtsprechung
Die Entscheidungen des EGMR stehen im Range eines einfachen deutschen Bundesgesetzes. Die deutschen Gerichte sind an die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) als Teil des deutschen Bundesrechts gebunden und unterliegen hinsichtlich der Entscheidungen des EGMR einer weitgehenden, jedoch nicht absoluten Bindung. Die Entscheidungen des EGMR stellen nur Entscheidungshilfen für parallel gelagerte Sachverhalte dar. Der geforderte Schutzstandard der EMRK darf dabei nicht unterschritten werden.
Kein arbeitsrechtliches Neuland für deutsche Gerichte
Die deutsche Rechtsprechung beschäftigt sich im Übrigen nicht erst seit dem Urteil von Straßburg mit der Problematik des Whistleblowing. So ist die Entscheidung des EGMR der deutschen Rechtsprechung nicht fremd und fügt sich in die bestehenden Bewertungskriterien von Bundesverfassungsgericht und Bundesarbeitsgericht ein. Nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ist der Arbeitnehmer, welcher Informationen seines Arbeitgebers im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft preisgibt, gemäß Artikel 2 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip des Artikels 19 GG geschützt.
Die Zeugenaussage ist eine staatsbürgerliche Pflicht. Die Erfüllung staatlich aufgetragener Pflichten durch die Äußerung von nicht wissentlich unwahren oder leichtfertig falschen Angaben darf durch zivilrechtliche Sanktionen im Arbeitsverhältnis nicht eingeschränkt werden. Jedoch ergibt sich aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass Kündigungen wegen Strafanzeigen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber möglich sind, gerade wenn die Anzeige „haltlose Vorwürfe aus verwerflichen Motiven enthalte“. Für das Bundesarbeitsgericht sind letztgenannte persönliche Beweggründe des Arbeitnehmers für die Strafanzeige entscheidend. Eine zur Kündigung berechtigende Pflichtverletzung liegt nicht nur dann vor, wenn die sachlichen Gründe einer wissentlich oder leichtfertig falsch geäußerten Strafanzeige vorliegen. „Eine kündigungsrelevante erhebliche Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten kann sich mit der Erstattung einer Strafanzeige im Einzelfall auch aus anderen Umständen ergeben.“
Einbindung der EGMR Prüfkriterien
Die Einbeziehung des Prüfungskatalogs der EMRK steht unter der besonderen Berücksichtigung des Allgemeininteresses. Nicht nur die widerstreitenden Interessen der Vertragsparteien des Arbeitsverhältnisses sind zu prüfen, sondern auch, wie im oben gezeigten Fall das Interesse von Staat und Gesellschaft an einem rechtstreuen Verhalten von Unternehmen im Marktprozess. Des Weiteren liegt der Fokus der Interessenabwägung nach der Auffassung vom EGMR und Bundesverfassungsgericht bei der Beurteilung der sachlichen Berechtigung der Strafanzeige. Das Bundesarbeitsgericht orientiert sich eher an den Motiven der Strafanzeige. In diesem Falle besteht zwischen den Gerichten eine unterschiedliche Bewertung einer Strafanzeige, wobei einer sachlichen Beurteilung des strafrechtlichen Vorwurfs bei der Interessenabwägung nicht weniger Gewicht verliehen werden sollte. Sowohl die objektive Berechtigung des Vorwurfs als auch die Motivation des Arbeitnehmers Strafanzeige gegen seinen Arbeitgeber zu stellen, sollten gleichermaßen in der Interessenabwägung Berücksichtigung finden.
In einer jüngeren arbeitsrechtlichen Entscheidung wendet das LAG Köln den Prüfvorgang von EGMR und Bundesverfassungsgericht als gemeinsamen Maßstab an. „Letztendlich entscheidend ist eine durch die Grundrechte der Beteiligten geprägte umfassende Interessenabwägung unter besonderer Berücksichtigung von Interessen der Allgemeinheit.“
Normierung der deutschen Whistleblowing- Rechtsprechung
In den USA schützen die Whistleblower Acts und der weiterführende Sarbanes- Oxley Act die Informantenstellung in börsennotierten Unternehmen. Der Sarbanes- Oxley Act gilt auch für deutsche, in den USA börsennotierte Gesellschaften. Eine gesetzliche Regelung hier zu Lande könnte das externe Whistleblowing vereinfachen. Nach dem Gesetzesentwurf aus dem Jahre 2008 sollte ein neuer
§ 612a BGB in das BGB Einzug finden.
Die Norm orientiert sich an den Grundsätzen der deutschen Rechtsprechung. Jedoch wird durch den Entwurf des § 612a Abs. 2 BGB eines deutlich: Sollte der normierte Kriterienkatalog für die Bewertung der Äußerung von Betriebsinterna eines Arbeitnehmers nicht konkret genug sein, läuft das Verfahren wieder auf eine Interessenabwägung hinaus. Kündigungen und dagegen gerichtete Klagen bleiben letztlich Einzelfallentscheidungen und auch das Whistleblowing-Verfahren kann nur schwerlich in einen festen Regelungskatalog gepresst werden. Es ist also abzuwarten, ob der deutsche Gesetzgeber den Gesetzesentwurf im BGB normiert oder das „Verpfeifen am Arbeitsplatz“ weiterhin vollständig dem Bewertungsmaßstab der Rechtsprechung überlässt.
Anhang
§ 612a Anzeigerecht
(1) Ist ein Arbeitnehmer auf Grund konkreter Anhaltspunkte der Auffassung, dass im Betrieb oder bei einer betrieblichen Tätigkeit gesetzliche Pflichten verletzt werden, kann er sich an den Arbeitgeber oder eine zur innerbetrieblichen Klärung zuständige Stelle wenden und Abhilfe verlangen. Kommt der Arbeitgeber dem Verlangen nach Abhilfe nicht oder nicht ausreichend nach, hat der Arbeitnehmer das Recht, sich an eine zuständige außerbetriebliche Stelle zu wenden.
(2) Ein vorheriges Verlangen nach Abhilfe ist nicht erforderlich, wenn dies dem Arbeitnehmer nicht zumutbar ist. Unzumutbar ist ein solches Verlangen stets, wenn der Arbeitnehmer aufgrund konkreter Anhaltspunkte der Auffassung ist, dass
1. aus dem Betrieb eine unmittelbare Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder für die Umwelt droht,
2. der Arbeitgeber oder ein anderer Arbeitnehmer eine Straftat begangen hat,
3. eine Straftat geplant ist, durch deren Nichtanzeige er sich selbst der Strafverfolgung aussetzen würde,
4. eine innerbetriebliche Abhilfe nicht oder nicht ausreichend erfolgen wird.
(3) Beschwerderechte des Arbeitnehmers nach anderen Rechtsvorschriften und die Rechte der Arbeitnehmervertretungen bleiben unberührt.
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