Nach dem Deutschlandbesuch von US-Präsident Barack Obama am 18./19. Juni 2013 in Berlin ist das altbekannte Thema der deutsch-amerikanischen Freundschaft wieder aufgekocht. Die Deutschen stehen den Amerikanern längst nicht mehr so unkritisch gegenüber wie noch in den 60er Jahren als John F. Kennedy seine weltberühmten Worte: “Ich bin ein Berliner” vor tausenden jubelnden Deutschen sagte.
Doch was ist in der Zwischenzeit passiert? Hat sich die deutsche Bevölkerung vom großen Bruder emanzipiert? Wohl nicht, denn die Kritik ist oftmals heuchlerisch und unberechtigt.
Gerne werden Scherze über die vermeintliche Kulturlosigkeit der Amerikaner gemacht, die unter Deutschen als ungebildet, wenn nicht sogar dumm gelten, aber andererseits würden wir wohl alle gerne einen Abschluss einer der amerikanischen Elite-Unis wie Harvard oder Yale in unseren Bewerbungsunterlagen haben. Wir haben nichts außer Kopfschütteln für das amerikanische Waffenrecht übrig, fahren aber selbst mit 200 km/h über die Autobahn und finden das völlig “noooorrrmaaal”. Wir amüsieren uns köstlich über die Gottesfürchtigkeit der Amerikaner, die selbst im Gerichtssaal noch auf die Bibel schwören “nichts als die Wahrheit” zu sagen, treiben aber selbst die Kirchensteuer über die Kassen von Vater Staat ein. Wir regen uns über die Oberflächlichkeit der Amerikaner auf, die für jeden ein lockeres “How are you?” auf den Lippen haben, reden aber selbst mit den Nachbarn lieber über das Wetter als über die aktuelle politische Lage in Syrien. Wir zeigen immer gerne mit dem Finger auf andere ohne darüber nachzudenken, dass dabei mindestens drei Finger auf uns selbst zeigen. Es lassen sich wahrscheinlich noch viele weitere Beispiele finden, die unsere Meinung zu den Amerikanern zum Ausdruck kommen lässt, aber ist das wirklich fair?
Was denken denn die Amerikaner auf der anderen Seite des großen Teichs über uns Deutsche? Jeder weiß, dass deutsche Marken in den USA hoch im Kurs stehen, von BMW über Bier und Berlin, ist nur große Anerkennung und Lob von den Amerikanern zu vernehmen. Eine Umfrage der deutschen Botschaft hat ergeben, dass 55 % der Amerikaner einen “ausgezeichneten oder guten” Eindruck von uns haben. Wer als Deutscher also auf einer Party in den USA seine Nationalität verrät, die ohnehin aufgrund unserer verräterischen Aussprache des “th” nicht lange verheimlicht werden kann, hat also nichts zu befürchten. Längst vergessen die Zeiten in denen man gleich ein paar Fragen zur rassenpolitischen Einstellung beantworten musste um nicht als “Nazi” dazustehen.
Doch wie können die Meinungen nur so auseinander gehen? Wie sind wir nur zu solchen Besserwissern geworden, die sich für ihre Liebe zum großen Vorbild so schämen müssen, dass sie jeden Satz des Lobes mit einem “aber” verbinden müssen? Vielleicht sollten wir uns in dem Fall ein Beispiel an den hassgeliebten Amerikanern nehmen, denn eins steht fest: Die Amerikaner denken längst nicht so viel über uns nach, wie wir über sie.
Vielleicht zeichnet gerade diese Eigenschaft der richtig dosierten Ignoranz Amerika als Supermacht aus - auch wenn wir das natürlich niemals zugeben würden.
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