Am Dienstag hob der amerikanische Supreme Court in einem aufsehenerregenden Urteil eine zentrale Passage des im Jahre 1965 hart erkämpften “Voting Rights Act” auf. Das damals von US-Präsident Johnson unterzeichnete Gesetz enthielt detaillierte Schutzklauseln gegen die Diskriminierung von Schwarzen an der Wahlurne. Aufgrund einer Klage aus Alabama, gerade dem Staat in dem damals auch die blutigen Auseinandersetzungen statt fanden, befand das höchste US-Gericht, dass Diskriminierung und Rassismus vorbei seien und Schwarze keinen Rechtsschutz mehr benötigen.
Die amerikanische Realität zeichnet jedoch ein anderes Bild: Schwarze Bürger sind längst noch nicht in jeder entlegenen Gegend in der Weite des nordamerikanischen Kontinents voll akzeptierte Mitglieder der Gesellschaft. Trotz der Tatsache, dass ein schwarzer Präsident die Geschäfte der Supermacht lenkt, kann man an vielen alltäglichen Situationen sehen, dass der Rassismus immer wieder gelebt wird und nicht gänzlich eliminiert wurde. Beispielhaft lässt sich vor allem der derzeitige vor einem amerikanischen Gericht verhandelte Mordprozess anführen, der sich um einen weißen Nachbarschaftswächter dreht, der einen unbewaffneten schwarzen Teenager erschoss.
Doch was war eigentlich genau passiert, dass der Supreme Court eine solche Entscheidung fällt?
Geklagt hatte eine Gemeinde namens Calera in Alabama, die als sog. “vorbelasteter” Bezirk galt und unter staatlicher Aufsicht stand, weil sie die Grenzen der Wahlkreise so manipulierte, dass schwarze Wähler keine Chance mehr hatten, sich durchzusetzen. Diese Methode erwies sich auch in anderen Gemeinden, die wie Calera meist einen weißen Bürgermeister und kaum ein schwarzes Mitglied im Stadtrat haben, als äußerst beliebt und vor allem sehr effektiv um die schwarzen Bürger um ihr Wahlrecht zu betrügen. Im Fall von Calera nahm die Aufsicht des US-Justizministeriums ihre Aufgabe ernst und machte die Umstrukturierung der Bezirke rückgängig. Der Ort klagte dagegen und der Fall ging durch die Instanzen hoch bis zum höchsten Gericht der Vereinigten Staaten, das ihm letztlich Recht gab.
Trotz eines Minderheitenurteils von vier linksliberalen Richtern des Supreme Courts konnten diese sich nicht gegen die vier konservativen Richter und den unabhängigen Richter, der hier das Zünglein an der Waage war, durchsetzen. Die Entscheidung fiel mit 4 zu 5 Stimmen zugunsten der Gemeinde Calera aus. Die staatliche Aufsichtsfunktion wird durch das Urteil nun zum Papiertiger, da das Gericht die Liste der betroffenen Bundesstaaten und Bezirke für verfassungswidrig erklärte. Der Kongress ist nun am Zug eine neue “Formel” zu finden, die allerdings aufgrund der Polarisierung des US-Parlaments wenig aussichtsreich erscheint und somit das Papier weiterhin geduldig sein lässt.
Das Urteil empört nicht nur die schwarzen Gemeinden, die sogar von einer “Stornierung des Traums von Martin Luther King” sprechen. Auch Präsident Obama zeigt sich zutiefst erschüttert über das Urteil und holt zu einer selten gewordenen Schelte für die Justiz aus.
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